Neuerdings bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich tatsächlich für den Beruf der Modejournalistin geeignet bin. Die Modewelt gefällt mir zwar ausgesprochen gut, ich liebe den Glamour, die Hektik, die schönen Handtaschen und unbequemen Schuhe, aber angesichts der Tatsache, dass ich ebenso gut Konditorin werden könnte, bin ich hin und wieder doch ein wenig am Zweifeln. Die Idee, den Rest meines Lebens damit zu verbringen, französische tartelettes mit Aprikosen und Blaubeeren zu belegen, kam mir neulich an einem besonders unsommerlichen und enorm verregneten Nachmittag, als ich kurzerhand entschied, mich wieder einmal an ein komplexes kulinarisches Projekt heranzuwagen.
Das Ergebnis besagter Unternehmung: siehe oben. Das Rezept für dieses fantastische Kunstwerk von einem Obstkuchen stammt aus dem sehr empfehlenswerten Food-Magazin Effilee, das an dieser Stelle allen ambitionierten Gourmets auf der Suche nach unkonventioneller Kost ans Herz gelegt sei. Die Effilee ist das i-D– oder POP-Magazine der Genusswelt – originelle Rezepte und interessante Themen abseits des klischeebehafteten Food-Journalismus, ein sehr ästhetisches Layout und tolle Fotografie machen dieses Magazin für mich zu einer immer wieder sehr attraktiven Lektüre, und zwar gerne auch außerhalb der Küche. Für jeden Geschmack ist etwas dabei: Reportagen über Tausendjährige Eier, den Speiseplan der gestressten Küchenbrigade eines Sternerestaurants oder den Gourmetkoch Harald Wohlfahrt; sowie lustige kleine Geschichten über die ungarische Version des Mars-Riegels oder stylisches Fingerfood (trés chic wie eine Fashion-Editorial inszeniert: mit hübsch geschminkten Models, die in gefüllte Mini-Crêpes-Häppchen oder Risottobällchen beißen).
Die „Schnellen Teller“, 30-Minuten-Gerichte wie zum Beispiel Scharfes Chutney von französischer Kiwi mit Lachs in süßer Sojasauce oder Maccheroni mit Walnüssen, Salbei und Ricotta, klingen nicht nur köstlich, sondern lassen sich auch tatsächlich in kürzester Zeit kreieren – und dann wären da noch die sensationell aufgemachten Food-Editorials, die auch optisch mit einer VOGUE-Modestrecke durchaus mithalten können. In einem älteren Heft entdeckte ich da nun also neulich die Rezeptreihe Angetütert durch den Nachmittag, mit dem humorvollen Untertitel:
„Die Luft ist mild, die Sonne warm. Es ist Sonntag und wir sitzen im Garten oder auf dem Balkon, fast schon sommerträge. Statt Sahnetorten essen wir fruchtige Kuchen mit frischen Kräutern. Und statt Kaffee gibt es dazu Wein. Langsam gleitet der Nachmittag dahin. Noch ein Törtchen? Noch ein Gläschen?“
Und dann ein herrliches Rezept nach dem anderen: Schokoladenkuchen mit Estragon, Käsekuchen mit geschmortem Pfirsich oder Strudel mit Feige, Vanille und Ziegenfrischkäse. Kurzerhand fiel die Wahl auf die Aprikosentarte mit kandierter Minze. Knuspriger Zuckerteig, darauf eine Vanille-Grieß-Creme, und, je nach Vorliebe, Aprikosen, Pfirsiche, Blaubeeren, was der Obststand so hergibt. Der Clou: die kandierte Minze als raffiniertes i-Tüpfelchen. Wer denkt denn da noch an Handtaschen?
Wer es nachbacken möchte (und außerdem genauso viel Zeit und Langeweile hat wie ich momentan), der folge bitte diesem Link. Bon appetit.