& Other Stories: die Wellnessoase unter den Modeboutiquen


Bis gestern dachte, mich derzeit in einer chronischen Einkaufsdepression zu befinden. Gelegentlich kommt man ja mal in eine solche Phase, komischerweise meist dann, wenn man gerade ein wenig Geld gespart hat, das man dann aber offenbar lieber auf dem Konto horten als in irgendeiner Modeboutique verprassen will. Seit Wochen hatte ich jedenfalls überhaupt keine Lust, irgendwas zu kaufen, alles ödete mich an, kein Laden konnte mich locken (was für ein first world problem, brrr!).

Dann eröffnete &Other Stories seine erste deutsche Filiale in der Hauptstadt, lud die versammelte Berliner Presse (also auch so unwichtige Leute wie mich) zu Preview und Pre-Shopping mit verführerischem 20%-Rabatt – und ja, was soll ich sagen, da war’s dann doch um mich geschehen. Mist aber auch, als Konsumasketin hatte ich doch auch keine schlechte Figur gemacht!

&Other Stories ist kein Business, sondern ein Geniestreich. Das jüngste Unternehmen aus dem H&M-Clan mit Ateliers in Stockholm und Paris greift mit seinem vielfältigen Sortiment und einer zeitgemäß stilsicheren, puristisch frischen Präsentation der Produkte die Idee des so populär gewordenen Conceptstores auf und machte diese Geschäftsform mit erschwinglichen Preisen trotz hochwertiger Qualität und feinem Einkaufsambiente massentauglich.

Conceptstores sind die Spa-Hotels unter den Modeboutiquen: in luftig und hell gestalteten Läden, ähnlich einer Wellnessoase, ist für jedermann die richtige Anwendung dabei. Zu kaufen gibt es nicht nur Kleidung, sondern auch Schuhe, Schmuck, Handtaschen, Beautyprodukte, Magazine, Musik, gelegentlich sogar Möbel und Duftkerzen. Auch bei &Other Stories ist diese Vielfalt gewährleistet, das Angebot enorm breit gefächert, und zwar nicht nur nach Produktkategorien und Stilrichtungen, sondern auch nach Preisen. Die immense Auswahl an schönen Dingen setzt unterschwellig unter der Druck, man denkt „Hier gibt’s doch alles, und alles ist toll, da muss ich doch was kaufen“, sodass man am Ende mit irgendeiner nichtsnutzigen Handtasche, in die nichts reinpasst, dem 25. weißen T-Shirt, zwei Halsketten, einer bunten Sonnenbrille und drei Lippenstiften nach Hause geht.

Ich nenne es das Colette-Syndrom. Der wohl berühmteste aller Conceptstores, gelegen an der Pariser Rue Saint-Honoré, bietet in seinem Sortiment sowohl High Heels von Stella McCartney und Roben von Azzedine Alaia als auch Radiergummis und Lollis von Hello Kitty an. Selbst Voyeure, die noch nie in die Nähe eines plissierten Seidenkleids gekommen sind und eigentlich nur mal gucken wollten, verlassen diesen Laden garantiert nicht ohne Tüte.

&Other Stories aber setzt diesem ohnehin schon ziemlich schlauen Konzept nun aber noch die Krone auf: denn teuer ist hier eigentlich gar nichts, das nobelste Stück in der aktuellen Kollektion die schwarze Lederjacke für 245 Euro. Alles lässt sich relativ hemmungslos und ohne schlechtes Gewissen mal eben eintüten, egal ob es sich dabei um ein pinkfarbenes Midikleid, ein Erfrischungsspray, Unterwäsche, die hübschen Sommersandalen oder das LOVE-Magazine handelt. Wer könnte da schon widerstehen? Ich jedenfalls habe meine Einkaufsdepression dank &Other Stories längt überwunden, mein Portemonnaie wird wieder stark frequentiert, in meinem Kleiderschrank herrscht Hochkonjunktur. Jetzt fragt sich nur noch, wie viele Konkurrenzunternehmen &Other Stories mit seinem All-Angebot wohl in den Ruin treiben wird.

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Ausbeute des Tages: Kleid und Sonnenbrille von & Other Stories