DIY: Daisy Buchanan

Kopftuch: Versace for H&M

Beim Gedanken an das Kleidungsstück Kopftuch fallen mir auf der Stelle drei Akteure ein, die unterschiedlicher nicht sein könnten, nämlich die Nonne, der Pirat und Jackie O. Erstaunlich, wie variantenreich die Zeichenhaftigkeit eines so simplen Stofffetzens doch ausfallen kann. In der katholischen Kirche wird das Kopftuch mit Keuschheit und Jungfräulichkeit assoziiert, offen getragenes Haar gilt dort, ebenso wie in der islamischen Religion, bekanntermaßen als unangemessen frivol. Im Piratenmilieu sitzt der Zwirn etwas lockerer als im Kloster, hier ist das horizontal um den Kopf geschlungene Tuch Teil eines wohlkalkulierten Looks, der offenbar ungezügelte Wildheit und Anarchie signalisieren soll. Man stelle sich bloß vor, Captain Jack Sparrow würde die Art, sein Kopftuch zu tragen, nur minimal verändern, zum Beispiel, indem er es unter dem Kinn anstatt am Hinterkopf knotete – auf der Stelle ginge alle Anarchie flöten, und er sähe es aus wie Rotkäppchens Großmutter (übrigens ebenfalls eine interessante Figur in der Wissenschaft des Kopftuchs, das dem Märchen nach durchaus auch realitätsverzerrende Eigenschaften haben und aus einem bösen Wolf im Handumdrehen eine liebe Omi machen kann).

Jackie O aber präsentiert die mit Abstand edelste Variante des Kopftuchtragens: dabei wird der seidene Stoff eng um Hals und Haar geschlungen und im Nacken verknotet. Für die Extraprise Drama bitte die Sonnenbrille nicht vergessen. Heraus kommt eine erstaunlich raffinierte und schwer mondäne Kombination aus den Extremen Nonne und Pirat, ein wahrer Stilklassiker, der zwar, wie überhaupt alle femininen Kopfbedeckungen, mittlerweile leider längst aus der Mode gekommen ist, dabei aber noch immer diesen speziellen, unverwüstlichen Ikonenstatus besitzt, eine Eleganz, von der wir doch eigentlich alle träumen, wenn wir unseren Bad Hair Day gerade wieder unter einer schlecht sitzenden Wollmütze zu verbergen versuchen.

Carey Mulligan als Daisy Buchanan mit Leonardo DiCaprio als Jay Gatsby (via)

Seitdem ich nun aber am vergangenen Donnerstag den lange herbeigesehnten Film „The Great Gatsby“ im Kino anschaute, will ich bloß nur noch aussehen wie die fabelhafte Daisy Buchanan mit ihrem feschen blonden Bob, dessen Löckchen ständig unter den allerherrlichsten Kopfputzen hervorlugt. Besonders nobel: das lässig piratenhaft gebundene Tuch, das Daisy in dem viel zu kitschigen Abschnitt der Geschichte trägt, in dem das erstmals wieder vereinte Paar einen romantischen Tag im Hause Gatsby verbringt. Im Film handelt es sich allerdings gar nicht um ein Haus, sondern eher um ein Schloss von Hogwarts-Dimensionen – eine der unzähligen maßlosen Übertreibungen dieses vollkommen übersättigten Streifens.
Mrs Buchanans Kopftuch hingegen ist eine der wenigen wohldosierten Augenweiden des Films, und im Gegensatz zu all den anderen extravaganten, exklusiv von Miuccia Prada entworfenen Great-Gatsby-Outfits mithilfe meines privaten Kostümfundus‘ auch ganz einfach nach zu basteln. Zudem beschert uns der Mairegen pünktlich zum Kinostart nicht nur lauter Bad Hair Days (mit Kräuseln!), sondern gleich ganze Bad Hair Weeks, sodass nach dem ersten Selbstversuch schnell feststeht: Mit-Kopftuch ist mein neuer Look. Bleibt nur die Frage, warum sich Daisy eigentlich ausgerechnet für den Piratenstyle entschied.