Es gibt Kleidungsstücke, die so hässlich sind, dass man sie vor lauter Hässlichkeit nicht wegwerfen kann. Also steckt man sie stattdessen in die Verkleidungskiste oder vergräbt sie in der hintersten Schrankecke oder stopft sie in die Souvenir-Box zu anderen hässlichen Sachen, die keiner sehen will und die man trotzdem aus unerfindlichen Gründen nicht entsorgen kann.
Der Stoffhut ist so ein Fall.
Den Stoffhut, ein kreisrundes Ding in Kübel-Silhouette und mit schmaler Krempe, habe ich als Kind viel getragen, damals, als ich Givenchy noch für ein neues Computerspiel hielt und meine Haare nur einmal die Woche wusch. Aus verschiedenen Urlauben gibt es eine ganze Reihe reichlich unvorteilhafter Bilder von mir mit besagtem Accessoire, von denen ich meinen geschätzten Leserinnen und Lesern in diesem Post zumindest eines keinesfalls vorenthalten möchte – schlicht zur Veranschaulichung der Tatsache, wie viel Hässlichkeit man sich mit dem Stoffhut eigentlich antun kann.*
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Sommer 2004: Mini-Clairette mit Stoffhut |
Allerdings scheint in meinem tiefsten Innern ganz unbewusst die Vorahnung geschlummert zu haben, dass der Stoffhut wiederkommen würde. Und zwar, wenn auch in leicht abgewandelter Form, auf die Laufstege von so namhaften Häusern wie
Wood Wood oder
Balenciaga. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum ich tatsächlich gleich drei Varianten dieser Kopfbedeckung aufgehoben habe, ein Modell gestrickt, ein anderes mit Blumen, das dritte aus Jeans, eines scheußlicher als das andere. Das nämlich haben alle Stoffhüte gemein: man sieht damit immer – IMMER – dämlich aus.
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Oscar de la Renta A/W 2013/14 |
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Balenciaga Resort 2014 |
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Balenciaga Resort 2014 |
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Kolor Men S/S 2014 |
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Andrea Pompilio Men S/S 2013 |
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Wood Wood S/S 2014 |
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Wood Wood S/S 2014 |
Doch die Modewelt liebt es, hin und wieder eben mal dämlich auszusehen. Im konventionellen Sinne Hässliches wird dann ungemein schick, und ist auch jetzt gerade wieder schwer en vogue – damit allerdings auch nur eine Modeströmung unter vielen. Gummilatschen konkurrieren mit handgefertigten High Heels, Baggy-Jeans mit Palazzo-Hosen, zerrissene Pullover mit feingestrickten Mohair-Cardigans, 80er-Prints mit Streublümchen.
Und wenn man mich fragt, so glaube ich nicht, dass die Hässlichkeit siegen wird. Geschmackloses ist zwar schwer auszulöschen, und natürlich hat es auch sein Gutes, wenn gelegentlich mal etwas vermeintlich Unästhetisches auf den Laufstegen auftaucht, zum Beispiel Birkenstocksandalen oder Latzhosen oder lumpige Oversize-Mäntel oder weiße Lackstiefel oder eben diese Stoffhüte, mit denen man immer – IMMER – dämlich aussieht.
Am Ende ist es aber die Eleganz, die bleibt, während die Hässlichkeit verfällt wie ein schmutziger Witz, der beim dritten Erzählen nicht mehr ganz so lustig ist. Für modische Hässlichkeiten sollte man daher nicht viel Geld ausgeben, am besten gar nichts, lieber schaut man mal in Verkleidungskisten oder dunklen Schrankecken nach. Und weil auch die Modeerscheinung Stoffhut meiner Theorie nach nur von kurzer Dauer sein kann, darf man sie entsprechend mit besonders viel Humor genießen.
Ich werde jetzt also mit meinen drei Stoffhüten ins Flugzeug steigen und in den Urlaub fliegen, das trifft sich gut, ich habe sowieso noch nach einem Sonnenschutz gesucht. Im Libanon sind es momentan 37 Grad. Bei derartigen Temperaturen kann man ja sowieso nur hässlich aussehen.
*Das Adjektiv hässlich ist in diesem Kontext als rein subjektive Wahrnehmung aufzufassen. Ich finde den Stoffhut sehr modisch und sehr hässlich, deshalb ist er das für mich auch. Gegensätzliche Ansichten sollen damit keinesfalls ausgeschlossen werden. Wer den Stoffhut schön findet, darf gerne erzählen, warum und wieso.