„In dieser Woche hatte ich ein religiöses Ereignis: bei Manolo Blahnik“, erzählt Carrie Bradshaw in der Sex and the City-Folge „Die Superfrau“ ihrer Freundin Charlotte. „Ich will deine ehrliche Meinung. Geben sie das richtige Statement ab?“ – „Welche Botschaft sollen sie rüberbringen?“ – „Ich bin schön und ich bin stark und mir ist egal, dass Natasha 25 und mit meinem Ex verheiratet ist.“ Für all jene, die die Episode nicht kennen: bei Carrie’s religiösem Ereignis handelt es sich um ein Paar bunt karierter, spitz zulaufender Mules mit Pfennig-Absatz, zu Deutsch Pantoletten. Mules zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Ferse entblößen und exponieren, man kann hinein und hinausschlüpfen wie in eine Pantoffel. Zugegeben, der Vergleich klingt nicht sexy. Und irgendwie scheinen es Pantoletten bis heute nicht geschafft zu haben, sich als Schuhwerk auf der Straße zu etablieren. Ich weiß gar nicht, wo ich mir welche kaufen könnte. Carrie’s Erleuchtung bleibt ein fiktiver Einzelfall der TV-Welt.
Dabei gibt es so einige Gründe, die für die Wahl dieser Schuhsorte sprächen. Allein der praktische Aspekt: meine Mutter beispielsweise entledigt sich bei feinen Abendessen unterm Tisch gerne einmal unauffällig ihrer Pumps, einfach so, ich glaube, sie merkt es gar nicht, sondern füßelt während der angeregten Konversation unbewusst vor sich hin, bis die Schuhe von selbst abfallen. Für die anwesende Gesellschaft ist das kein Problem, weil meine Mutter mit geruchlosen Füßen gesegnet ist. Allerdings wird es hektisch, wenn plötzlich der Aufbruch naht und das Taxi wartet und man Hals über Kopf wieder zurück ins Schuhwerk finden muss. Für meine Mutter wären Pantoletten eine gute Sache, weil diese fersenbelüfteten Schuhe geradezu dazu einladen, ständig hinaus- und wieder hineinzuschlüpfen.>>
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Altuzarra S/S 2014. Bild via style.com |
Gewissermaßen stehen Mules damit auch exemplarisch für den aktuellen Zeitgeist: zu den aktiven, beschäftigten Frauen der Emanzipationsepoche passen sie nämlich ebenso gut wie der schnell übergeworfene Mantel, die wie eine Aktenmappe unter den Arm geklemmte Handtasche, das spontan vom Lieblingsmenschen ausgeliehene Sakko. Früher hatten Frauen Kammerzofen und Ankleidegehilfinnen und den lieben langen Tag sowieso nicht viel zu tun, da durfte die Kleidung ruhig kompliziert sein. Aber was sollen wir heute mit umständlich geschnürten Sandaletten und Schnallenpumps? So richtig vollbeschäftigt und emanzipiert fühle ich mich erst, wenn ich zum Anziehen nur 5 Minuten Zeit habe, gleichzeitig noch die Zeitung lesen, Kaffee trinken, ein wichtiges Telefonat führen und zur U-Bahn rennen muss. Derlei Multitasking funktioniert mit Pantoletten an den Füßen ganz hervorragend.
Eindeutig unterschätzt wird, der Pantoffel-Vergleich muss Schuld sein, jedoch die erotische Komponente dieses Schuhs. Carrie kauft ihn schließlich auch, um sich darin schön, stark und ein bisschen verwegen zu fühlen, um ein Statement zu setzen gegen die glatt gestriegelte Konkurrentin. Und ist das nicht verführerisch, so ein High Heel, der sich nicht nur ganz flink anziehen, sondern auch geschmeidig und elegant abstreifen lässt? Ähnliches werden sich eine ganze Reihe von Designern gedacht haben, in deren neuen Sommerkollektionen Mules eine wichtige Rolle spielen:
Phillip Lim hat ein Sandalen-Modell mit kunstvoller Knopfreihe im Angebot,
Altuzarra die spitz zulaufende Version in Nude und Schwarz. Mein Favorit ist der üppig gefranste Keilabsatz-Entwurf aus Bast und Holz von
Chloé, wobei auch die bonbonrosa Variante mit flauschigem Pompom von
Sportmax nicht zu missachten ist. Das einzige, was zur Komplettierung des religiösen Ereignisses nun noch erledigt werden müsste, wäre eine ordentliche Pediküre-Behandlung der Fersengegend.