Es gibt bestimmt Leute, die dieses Video nicht lustig finden. Weil darin tomatengroße Puppen aus Tierfell auftreten, als Bodybuilder, Cabrio-Fahrer, Seemänner und Burlesque-Tänzerinnen
, um zum Schluss als humorvolles Accessoire auf eine sündhaft teure
Fendi-Handtasche zu hopsen.
Aber lässt man die Fellkritik einmal beiseite: sind sie nicht putzig, diese kleinen pelzigen Gesellen, neuester Geniestreich des italienischen Labels? Luxusmode mal lustig – das ist nicht nur schlau gemacht, sondern generell eine der auffälligsten Trenderscheinungen der letzten Saisons. Selten hat die Modewelt so viel Humor bewiesen wie heutzutage.
T-Shirts mit vermeintlich lustigen Aufdrucken gibt es natürlich seit Jahrzehnten. Mit Schaudern erinnere ich mich selbst an meinen letzten Kauf in der Zara-Kinderabteilung: ein maigrünes Exemplar, auf dem in gewundenen Lettern
„I may be small – but I am the boss“ geschrieben stand. Damals war ich 12 und fand diesen Spruch furchtbar komisch. Heute finde ich ihn furchtbar peinlich, aber spaßhafter Mode bin ich trotzdem weiterhin zugeneigt. Allerdings reden wir hier nicht von T-Shirts, sondern von Kleidern aus dem Luxussegment. Seit wann verkauft diese Branche denn wieder Ironie und Schabernack? Und seit wann sind Frauen bereit dazu, für etwas so Dekadentes wie einen grinsenden Handtaschenanhänger 400 Euro auszugeben?
Vielleicht hat es mit dem Hype um die Schuhkreationen der Designerin
Charlotte Olympia angefangen. Seit 2008 entwirft die Britin eine begehrte Kollektion nach der anderen, ihre Entwürfe sind allesamt knallbunt, garniert mit Obst, Blumen oder Katzengesichtern. Die aktuelle
Cruise-Collection ist eine Kreuzung aus Kaugummi-Automat, Bananenflip und amerikanischem Pin-Up-Girl: weißer Zuckerguss fließt über rosa Plateau-Mules, hellblaue Pumps tragen Sahnehäubchen und Kirsche auf der Spitze,
Betty & Veronica heißt das marine-farbene Modell mit applizierten Gesichtern der gleichnamigen Comic-Figuren. Dass Charlotte Olympia das alles todernst meint, beweisen die Preise: zwischen 500€ und 900€ dürfen erwachsene Frauen für das spaßige Schuhwerk ausgeben.
Auch Olympia Le-Tan beweist mit ihren kunterbunten Accessoires Sinn für Humor: Clutches tragen hier liebevoll gestaltete Buchcover von Grimm’s Märchen bis Dracula zur Schau, ein Täschchen ist einer Kaviar-Büchse nachempfunden, ein anderes einer rosa Milchtüte. Sieht aus wie für Siebenjährige gemacht? Die müssten aber lange sparen: mit Preisen ab 700€ pro Handtasche zählt auch Olympia Le-Tan eindeutig zum Luxussegment.
Selbst Labels, die bisher eher für zeitlosen, erwachsenen Minimalismus standen, sind witzigen Details neuerdings nicht abgeneigt: für ihre aktuelle Resort-Kollektion hat Stella McCartney ein entzückendes rosa Kleid mit applizierten Kussmündern, Herzen und Streichhölzern aus lauter bunten Kristallsteinen entworfen. Bei Comme des Garçons gibt es einen wild gemusterten Hosenanzug zu kaufen, in dem man selbst im Disneyland für Aufruhr sorgen würde, und das aufstrebende italienische Label MSGM hat aktuell eine limitierte Kollektion ausgefallener Sweatshirts herausgebracht, bedruckt mit sureal-ironischen Kunstwerken des Toiletpaper–Herausgebers Maurizio Cattelan. Ich persönlich bin ziemlich scharf auf das gelbe Exemplar mit aufgedrucktem Frosch im Burgerbrötchen. Leider kostet das gute Stück 290 €.
Früher war Mode Ausdruck von gesellschaftlicher Stellung. Heute ist sie reines Amüsement geworden, das sich gerade im Premium-Bereich oft gegen den Vorwurf der Überflüssigkeit wehren muss. Warum auf diese Kritik nicht mit ein wenig Witz und charmanter Ironie antworten? Was könnte man gegen eine absurd teure Fendi-Handtasche sagen, an der eine pelzige kleine Fratze baumelt? Wie ein Paar Schuhe verurteilen, auf denen ein Comicgesicht lacht? Luxus lässt sich schwer tadeln, wenn er mit Augenzwinkern daher kommt.
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Kleid: Stella McCartney Resort 2014 |
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Hosenanzug von Comme des Garçons. Bild: VOGUE UK. |