Das Kriterium der Alltagstauglichkeit kann man bei einem doppelreihig geknöpften Seidenkleid mit Tüll-Unterrock und blau-grün changierendem See-Print durchaus infrage stellen. Ebenso auch bei einer kurzen Tweedjacke mit eingearbeiteten Metallfäden und Perlensaum. Oder einem zitronengelben Blazer mit Hornknöpfen. Aber dann werden die luxuriösen Kreationen von Roma e Toska plötzlich mit ausgetretenen Nike-Sneakern oder Lederstiefeln kombiniert, mit ausgewaschenen Jeans, einem um die Hüfte geknoteten Holzfällerhemd oder einer schwarzen Bikerjacke, und auf einmal offenbaren diese märchenhaften Einzelstücke, die auf den ersten Blick wie aus der Zeit gefallen scheinen, ihren wahren Zauber: nämlich jenen Look der herrlich dekadenten und zugleich erstaunlich facettenreichen Lässigkeit, wie wir sie auch von der Mutter aller Luxusmarken Chanel kennen.
Roma e Toska gibt es noch nicht ganz so lange wie das Weltunternehmen aus Paris. Das Label hat seinen Sitz in einem Hinterhof in Hamburg-Eppendorf, doch das, was dort in dem charmanten Altbau-Atelier über einer Autowerkstatt seit 2002 kreiert wird, findet mittlerweile von London bis Moskau begeisterte Anhänger. Roma und Toska heißen die Töchter der Chefdesignerin Birgit Gräfin Tyszkiewicz, und weil die studierte Kunsthistorikerin mit dem unaussprechlichen Namen nie die passende Kleidung für ihre beiden Zöglinge fand, kam sie irgendwann auf die Idee, mit Nähmaschine und Stoffschere einfach selbst kreativ zu werden. Aus der Not wurde ein Haute-Couture-Label für Mädchen zwischen zwei und 16 Jahren. Luxusmode für Heranwachsende, das kann man übertrieben finden. Aber wer die im Erzgebirge produzierten Stücke aus feinsten italienischen Zwirnen einmal in der Hand gehabt hat, der versteht schnell, dass mit solch textilen Schätzen auch jungen Mädchen, wenn in gemäßigten Dosen verabreicht, durchaus eine besondere Modeerziehung zuteil wird. Seit ein paar Saisons gibt es die fantasievollen Entwürfe, die in jeder Kollektion einem anderen thematischen Oberbegriff, jedoch niemals den großen Massentrends unterliegen, außerdem auch in Damengrößen zu kaufen.

Roma e Toska lebt von Kontrasten, Materialreichtum und der Liebe fürs Detail. Manche nennen es Bohemien-Chic, und sprechen von den Mädchen mit der Faust in der Tasche.
So die Philosophie des Unternehmens. Kennengelernt habe ich Roma e Toska selbst im Alter von neun Jahren bei einer kleinen Modenschau, die in der herrschaftlichen Alster-Villa einer befreundeten Schmuckdesignerin stattfand. Bereits damals waren es keine dummen kleinen Prinzessinnen, die beim Défilé im Treppenhaus die Stufen herabgeschwebt kamen. Es waren starke, lustige, eigenwillige Mädchen, die in den handgearbeiteten schwingenden Röcken und flauschigen bunten Cashmere-Pullovern wie die zukünftige Generation emanzipierter Firmenchefinnen aussahen. Wohlgemerkt jener Firmenchefinnen, die finden, dass frau auch in fantasievollen Tüllröcken selbstbewusst auftreten kann.
Weil es also nicht irgendein klapperdünnes Model mit der Aura eines vertrockneten Goldfischs ist, das die Philosophie von Roma e Toska am besten zu präsentieren weiß, sondern ebenjenes Mädchen von nebenan mit der Faust in der Tasche und dem Schalk im Nacken, lud das feine Modehaus Ende Oktober zur großen Stylingsause in den Eppendorfer Pop-Up-Store. Haar-und-Schmink-Artistin Mariana zauberte den herbeigelaufenen jungen Damen originelle Frisuren, Clairette stand als eintägige Stilberatung und Modefotografin bereit. Herausgekommen ist ein buntes Editorial mit Tüllmädchen am Gartenzaun und Seefahrerinnen vorm Flamingo-Gehege. Alles in allem ergibt das ein stimmiges Bild: Roma e Toska steht eben für Luxus von der bockigen Sorte.










