Schlauer kaufen, schöner reisen

ZWEI IN EINS: SAISONALE EINKAUFS- UND URLAUBS-EMPFEHLUNGEN FÜR 2014


Als ich mir im Alter von 17 Jahren eine Lederjacke von Acne kaufte, erklärten mich meine Freunde für endgültig übergeschnappt – nicht im positiven Sinne. 395 € für ein Kleidungsstück, also wirklich Clairette, davon könntest Du Dir 49 Clubeintritte auf der Großen Freiheit leisten. Meine Schwester schüttelte den Kopf und verwies darauf, bei Zara gäbe es gerade eine Lederjacke, die genau so aussähe wie mein heißgeliebtes Rita-Modell. Bloß 200€ günstiger, da könne man sich noch einen Haufen anderer preiswerter Klamotten dazu kaufen.

Was damals keiner ahnte: mit meiner Acne-Jacke verbindet mich bis heute eine tiefe Freundschaft, wir werden wohl gemeinsam alt werden. Die Ärmel sind mittlerweile ausgebeult, das olivschwarze Leder abgeschabt, der Lammfellkragen ein bisschen rau geworden und das Innenfutter müsste nach einigen durchgeschwitzten Partynächten mal gereinigt werden. Ist mir alles egal, denn eine Lederjacke von Acne ist wie ein französischer Ziegenkäse: mit der Zeit wird sie schrumpeliger, würziger, wertvoller und im Großen und Ganzen großartiger.

Neulich wollte sich eine Freundin für eine Party ein Kleid von mir ausleihen und stellte beim Begutachten meines Kleiderschranks enttäuscht fest, dort sei ja gar nicht viel zu finden. Ich war erstaunt: bis dato war ich immer davon ausgegangen, jeder Außenstehende müsste mich angesichts meiner stetig wachsenden Modesammlung doch für vollkommen unzurechnungsfähig und schwer einkaufssüchtig erklären. Tatsächlich passt aber fast alles auf eine einzige Kleiderstange. Das Ziegenkäse-Prinzip scheint aufzugehen, in meiner Garderobe herrscht dank relativ disziplinierten Kaufverhaltens und einiger hochwertiger Investitionen Qualität über Quantität. Von den findigen Franzosen kann man sich diese Art der Einkaufskunst anhand der 5-piece-french-wardrobe-Methode abschauen: fünf neue Teile pro Saison darf man sich entsprechend dieser Maxime zulegen. Wie toll das funktioniert, merkt man nicht nur dann, wenn man dank strenger Shopping-Restriktion plötzlich nur noch Kleider kauft, von denen man wirklich überzeugt ist. Vor allem hat man plötzlich erstaunlich viel Geld übrig, selbst wenn einer der Neuzugänge mal etwas hochpreisiger ausfällt.

Dieses Geld kann man dann, um seine Freunde trotz angeblich so dekadenter Modekonsumgier von der eigenen Tiefgründigkeit zu überzeugen, in andere nachhaltige Dinge investieren: eine schöne Reise, zum Beispiel. Mit größtem Vergnügen spare ich jetzt schon jeden zweiten Cent für ein Flugticket in die Sommerfrische, jeder erste Cent wird für die 5 piece french wardrobe gehortet. Dabei gehe man nach ein paar schlichten Regeln vor: unter den fünf neuen Teilen sollten mindestens ein klassisches, ein praktisches und ein ausgefallenes Stück sein, die übrigen zwei sind für Spontangelüste reserviert, die im besten Fall mit den Rahmenbedingungen des Urlaubsortes korrespondieren.

Wer noch nicht weiß, wohin die Reise in diesem Jahr gehen soll – und erst recht nicht, was man dort am besten anzieht – für den haben wir nun den ersten exklusiven, supermodischen, diszipliniert-enthaltsamen und höchst nachhaltigen 5-piece-french-wardrobe-X-5-places-to-go-in-2014-Guide zusammengestellt. Und hier ist er schon. Das Ganze ist bitte als locker-flocker-lustiges Würfelspiel zu betrachten: natürlich darf man in dem blauen Pyjama-Hemd mit Eulen-Print auch nach Texas fahren. Oder Carvens Kiwi-Bluse in Marseille anziehen. Oder in diesem Sommer nicht fünf, sondern bloß drei Teile kaufen, stattdessen aber zweimal verreisen – klingt doch nach einer schönen Rechenaufgabe. Clairette wünscht gute Reise und frohes Einkaufen!

1. El Cosmico – Marfa, Texas

Ich habe noch nie einen Camping-Urlaub absolviert, was in Anbetracht der Tatsache, dass ich in der 1. Klasse unter dem Posten Mein größter Wunsch „Zelten gehen“ ins Freundschaftsalbum schrieb, wirklich eine Schande ist. Nun bin ich bei der Recherche nach der perfekten Camping-Location auf die Zelt-Lodge El Cosmico im texanischen Marfa gestoßen, und weil diese charmante Urlaubsoption nicht nur viel aufregender, sondern auch weitaus preiswerter als ein stinknormales Hotel ist, können wir uns, passend zu den blassblau gestrichenen Wohnwagen, für unsere 5 piece french wardrobe noch diesen herrlichen Jeans-Mantel von Acne, das Sommerkleid von Topshop und die Sneaker von Golden Goose zulegen. Auch nicht übel: die sportliche und sehr moderne Kombination aus Shorts und darunter getragenen Radlerhosen von Wood Wood. Spätestens seitdem Chanel die jüngste Pre-Fall-Kollektion in Dallas vorstellte, darf man sich nämlich auch im rauen Texas wieder richtig schick machen.

2. Pousadas de Amares – Amares, Portugal

In  der Pousada de Amares trifft mystische Klosterstille auf Bauhausmöbel. Klingt nach einer luxuriösen Mischung? Die Preise sind erstaunlich moderat, bedenkt man, dass man hier in einem originalen Zisterzienserkloster aus dem 12. Jahrhundert nächtigt. Solche Details sollte man nicht auslassen, wenn man seinen konsumkritischen Freunden von der Urlaubsplanung erzählt. Ein derart eleganter Ferienort erfordert natürlich auch eine entsprechende Garderobe: mit der weißen Denim-Jacke des portugiesischen Labels Marques‘ Almeida machen wir uns gleich mal bei den Einheimischen beliebt, dazu gibt es eine grüne Robe von H&M, die gut zu den Olivenbäumen passt, Ledersandaletten von Alexander Wang  sowie Palmenbikini von Topshop und Tweedshorts von Unique.

3. Hotel Le Corbusier – Marseille, Frankreich

Im Hotel Le Corbusier in Marseille gibt es sogar einen Swimming Pool, die Preise liegen allerdings eher im gehobenen Jugendherbergssegment: schon ab 65 € kann man hier ein Zimmerchen mieten und das gesparte Geld stattdessen in einen Drink am Mosaikbassin investieren. Oder in die Kombination aus Pyjama-Bluse und Shorts von Sandro, weiße Adiletten sowie Statement-Tasche und Sommermantel von Monki. Vor solch berühmter Architektur darf unsere französische 5-Teile-Garderobe ja nicht grau aussehen.

4. Hotel Nord-Pinus – Tanger, Marokko

© Mo Hoffmann
Trotz meiner Faszination für fliegende Teppiche und Wunderlampen habe ich es bis heute nicht geschafft, endlich mal nach Marokko zu reisen. Das muss nach dem texanischen Camping-Urlaub – der hat Priorität – unbedingt nachgeholt werden. Im Hotel Nord-Pinus in Tanger herrscht orientalische Gelassenheit, über weißgetünchte Balkonbalustraden geht der Blick ins endlose Blau und das Interior des Riads überrascht mit einer interessanten Mischung aus traditionell marokkanischen Möbeln und schwarz-weißen Peter-Lindbergh-Fotografien. In sonnengelben Palazzohosen von Maiyet, mit Halsschmuck von Stella Jean und bedrucktem Seidenfoulard von Acne schlagen wir uns hier lieber auf die bunte Seite, dazu gibt es klimpernde Sandaletten von & Other Stories und eine luftige Bluse von Need Supply. Mit so viel orienttauglichen Kleiderschrankneuzugängen kann man dann eigentlich auch direkt dableiben.

5. Villa Magdala – Bath, Somerset

England liegt näher und nördlicher als Marokko, doch auch hier gibt es Palmen: man muss nur an die Südküste der Insel fahren und schon kann man die warme Brise vom Golfstrom riechen, die hier das ganze Jahr lang für milde Temperaturen sorgt. In Bath genießen wir die perfekte Kombination aus römischer Architektur und britischem Stilvermögen: im Bed & Breakfast Villa Magdala machen die hübschen Wandtapeten der Kiwiprint-Bluse von Carven Konkurrenz. Ebenfalls im Gepäck: weiße Jeans von Acne, Lederlatschen von H&M, Bomberjacke von T by Alexander Wang. Den Regenhut von Wood Wood kann man auch bei Sonne tragen, sieht zwar dämlich aus, ist aber trendy.