Als ich mir im Alter von 17 Jahren eine Lederjacke von Acne kaufte, erklärten mich meine Freunde für endgültig übergeschnappt – nicht im positiven Sinne. 395 € für ein Kleidungsstück, also wirklich Clairette, davon könntest Du Dir 49 Clubeintritte auf der Großen Freiheit leisten. Meine Schwester schüttelte den Kopf und verwies darauf, bei Zara gäbe es gerade eine Lederjacke, die genau so aussähe wie mein heißgeliebtes Rita-Modell. Bloß 200€ günstiger, da könne man sich noch einen Haufen anderer preiswerter Klamotten dazu kaufen.
Was damals keiner ahnte: mit meiner Acne-Jacke verbindet mich bis heute eine tiefe Freundschaft, wir werden wohl gemeinsam alt werden. Die Ärmel sind mittlerweile ausgebeult, das olivschwarze Leder abgeschabt, der Lammfellkragen ein bisschen rau geworden und das Innenfutter müsste nach einigen durchgeschwitzten Partynächten mal gereinigt werden. Ist mir alles egal, denn eine Lederjacke von Acne ist wie ein französischer Ziegenkäse: mit der Zeit wird sie schrumpeliger, würziger, wertvoller und im Großen und Ganzen großartiger.
Neulich wollte sich eine Freundin für eine Party ein Kleid von mir ausleihen und stellte beim Begutachten meines Kleiderschranks enttäuscht fest, dort sei ja gar nicht viel zu finden. Ich war erstaunt: bis dato war ich immer davon ausgegangen, jeder Außenstehende müsste mich angesichts meiner stetig wachsenden Modesammlung doch für vollkommen unzurechnungsfähig und schwer einkaufssüchtig erklären. Tatsächlich passt aber fast alles auf eine einzige Kleiderstange. Das Ziegenkäse-Prinzip scheint aufzugehen, in meiner Garderobe herrscht dank relativ disziplinierten Kaufverhaltens und einiger hochwertiger Investitionen Qualität über Quantität. Von den findigen Franzosen kann man sich diese Art der Einkaufskunst anhand der 5-piece-french-wardrobe-Methode abschauen: fünf neue Teile pro Saison darf man sich entsprechend dieser Maxime zulegen. Wie toll das funktioniert, merkt man nicht nur dann, wenn man dank strenger Shopping-Restriktion plötzlich nur noch Kleider kauft, von denen man wirklich überzeugt ist. Vor allem hat man plötzlich erstaunlich viel Geld übrig, selbst wenn einer der Neuzugänge mal etwas hochpreisiger ausfällt.
Dieses Geld kann man dann, um seine Freunde trotz angeblich so dekadenter Modekonsumgier von der eigenen Tiefgründigkeit zu überzeugen, in andere nachhaltige Dinge investieren: eine schöne Reise, zum Beispiel. Mit größtem Vergnügen spare ich jetzt schon jeden zweiten Cent für ein Flugticket in die Sommerfrische, jeder erste Cent wird für die 5 piece french wardrobe gehortet. Dabei gehe man nach ein paar schlichten Regeln vor: unter den fünf neuen Teilen sollten mindestens ein klassisches, ein praktisches und ein ausgefallenes Stück sein, die übrigen zwei sind für Spontangelüste reserviert, die im besten Fall mit den Rahmenbedingungen des Urlaubsortes korrespondieren.
Wer noch nicht weiß, wohin die Reise in diesem Jahr gehen soll – und erst recht nicht, was man dort am besten anzieht – für den haben wir nun den ersten exklusiven, supermodischen, diszipliniert-enthaltsamen und höchst nachhaltigen 5-piece-french-wardrobe-X-5-places-to-go-in-2014-Guide zusammengestellt. Und hier ist er schon. Das Ganze ist bitte als locker-flocker-lustiges Würfelspiel zu betrachten: natürlich darf man in dem blauen Pyjama-Hemd mit Eulen-Print auch nach Texas fahren. Oder Carvens Kiwi-Bluse in Marseille anziehen. Oder in diesem Sommer nicht fünf, sondern bloß drei Teile kaufen, stattdessen aber zweimal verreisen – klingt doch nach einer schönen Rechenaufgabe. Clairette wünscht gute Reise und frohes Einkaufen!
1. El Cosmico – Marfa, Texas


2. Pousadas de Amares – Amares, Portugal

3. Hotel Le Corbusier – Marseille, Frankreich

4. Hotel Nord-Pinus – Tanger, Marokko
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© Mo Hoffmann |

5. Villa Magdala – Bath, Somerset
