Très chic: der Ohrring

Der Ohrring ist das Schmuckstück der Saison, diese These sei zu Beginn des Jahres einmal aufgestellt. Zwar taucht der Ohrring noch nicht ganz verlässlich auf den Streetstyleblogs oder Musthave-Seiten der Modemagazine auf, aber spätestens seit Danielle Scutt’s fantastischem Lippenstift-Teetassen-Ungetüm von einem Ohrring kann mit einem großen Revival dieses Accessoires gerechnet werden.

In den letzten Jahren genossen Ohrringe nämlich meines Erachtens kein besonders großes Ansehen. Die kleinen Perlen-Stecker, die viele junge Fräuleins zur Konfirmation bekommen, gelten im inner circle der Modewelt vermutlich ohnehin als Schwerverbrechen, und obwohl sich die Damen Taylor Tomasi, Anna dello Russo und wie sie alle heißen auffällig gern mit den gewagtesten Schmuckkreationen behängen, ist der Ohrring auch hier nur selten, und wenn dann in bescheidener Form, gesichtet worden.

Doch wie gesagt, das gewaltige Danielle-Scutt-Ohrgehänge mag etwas in Gang gebracht haben, meine ich, jedenfalls scheint es reißenden Absatz gefunden zu haben. Im vergangenen Sommer brachte Marc Jacobs dann bei Louis Vuitton noch die üppigen Tassel-Ohrringe im Stil der 20er Jahre in Umlauf, und seitdem gibt es kein Halten mehr: langsam aber sicher etabliert sich der Ohrring, vorzugsweise in eindrucksvoller Größe und Länge, als ein durchaus in Betracht zu ziehendes Schmuckobjekt.

Bild: Tommy Ton, via style.com

Diese Entwicklung war im Grunde zu erwarten, denn heutzutage scheint das Credo Nummer 1 der Modewelt sowieso zu lauten: mehr ist mehr. Die Sohlen werden dicker, Cocktailkleider sind neuerdings aus Neopren und Halsketten aus Schwermetall – warum sollte dann nicht auch der Ohrring zur Klobigkeit hin mutieren?

Weiterhin geht es bei den großen Gehängen nicht selten äußerst humorvoll zu. An dieser Stelle sei eingeschoben, dass hier nämlich keinesfalls die Rede von diesen schaurigen Perlen-Klimper-Firlefanz-Ohrringen ist, die man in jeder Bijoux-Brigitte-Filiale oder im Dritte-Welt-Laden zwischen indianischen Traumfängern und Häkeltopflappen findet. Oh nein. In diesem Fall spreche ich von wirklich originellen, innovativen Ohrgehängen, zum Beispiel von Miuccia’s herrlichen Minibananen aus der Sommerkollektion 2011, die garantiert jedes Ohrläppchen aufwerten. Auch für die aktuelle Saison hat sich Signora Prada wieder was Feines ausgedacht, da hätten wir nun knalligbunte Krokodile und Katzen im Miniaturformat. Dolce & Gabbana haben mit dem faszinierenden Farfalle-Goldmünzen-Ohrring wahrscheinlich den Hit der Saison geschaffen, jedenfalls gibt es dazu hier schon ein feines DIY-Tutorial. Die Alternativ-Entwürfe mit Paprika, Chili oder Knoblauch finde ich aber auch nicht übel.
Krokodil-Ohrringe von Prada, erhältlich im Onlineshop des Hauses
Katzen-Ohrringe von Prada, erhältlich im Onlineshop des Hauses
Tassel-Ohrringe von Jenny Jenny, via farfetch.com 
Tassel-Ohrringe von Jenny Jenny, via farfetch.com
Ohrringkreationen von Dolce & Gabbana, Sommer 2012
Ohrringkreationen von Dolce & Gabbana, Sommer 2012 
Ohrringkreationen von Dolce & Gabbana, Sommer 2012
Nun ja. So sieht’s aus. Allerdings habe ich weder Ohrlöcher noch das passende Kleingeld für Prada-Krokodil-Ohrringe noch die Geduld, mit einer Bohrmaschine Löcher in Farfalle-Nudeln zu bohren. Also habe ich entschieden, ganz simpel und bescheiden aus Pappe und Magazinüberbleibseln meine ganz persönlichen Ohrringkreationen zu produzieren. Dabei habe ich mir gedacht: warum nicht gleich die ganze Modewelt selbst ans Ohrläppchen hängen? Laufsteglooks, Versace-Handtäschchen, Modelgesichter oder Collagen – und für den besonderen Anlass: Bryan Ferry im weißen Sakko. Trés chic.