Wenn ich meine Freunde nach Schubladen sortieren sollte, dann wäre Laura ein ganzer Kleiderschrank. Laura ist meine Modefreundin; ein Mensch mit vielen Schubladen, und zwar sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Mit ihr kann ich mich stundenlang über den Investitionswert von Raf-Simons-Sneakern unterhalten, ganz ohne schlechtes Gewissen. Laura ist gleichzeitig meine Feinschmeckerfreundin, so wie wir gerne gut einkaufen, gehen wir auch immer königlich essen, und allein damit wäre mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass Modefreundinnen einzig als seelische Unterstützung bei dreiwöchigen Saft-Diäten taugen. Über gigantischen Mezze- und Tapasplatten kann ich mich mit Laura nämlich auch noch über tausend andere Themen unterhalten, den Sinn der Kunst, den Ursprung der Sonntagsdepression, die Zukunft Berlins.
Manchmal schmieden wir auch Karrierepläne, Laura wird Einkäuferin, ich werde Chefredakteurin, und eines Tages treffen wir uns in der ersten Reihe bei Balenciaga wieder, ganz bestimmt. Von solchen Sachen kann man nicht mit jedem Menschen träumen, viele Leute, mit denen man wirklich gut befreundet ist, schauen einen bei solchen Äußerungen schief von der Seite an und sagen: wirklich, Clairette? Komm mal runter.
Mit Laura ist es anders, gemeinsam sind wir das schönste Klischeebild der Modefreundschaft und zugleich ein guter Beweis dafür, von welch unschätzbarem und alles andere als oberflächlichem Wert solch eine auf gemeinsamen Leidenschaften beruhende Verbindung doch sein kann. Jeder von uns hat schließlich einen Knall, und da ist es gut, jemanden zu finden, mit dem man den persönlichen Irrsinn teilen kann. Übrigens sind Laura und ich, wie hier zu sehen, auch begeisterte Verfechterinnen des Partnerlooks und schließen uns damit einer großen Schar illustrer Modefreundinnen an, wie zum Beispiel Cher und Dionne in „Clueless“, die gerne simultan zum karierten Kleiderset greifen, oder Kate Moss und Naomi Campbell, die schon oft im abgestimmten Dress gesichtet wurden.
Wenn Laura bauchfrei herumläuft, will ich das auch. Wenn ich mir einen orangefarbenen Rock von Jacquemus kaufe, hat Laura zwei Tage später den gleichen. Anstatt mich zu ärgern, freue ich mich darüber. Weil wir uns ähneln und doch so anders sind, weil ich schwarze Overknees und Laura Turnschuhe mit eingebauter Luftpumpe im Schrank stehen hat, die wir an den Füßen der jeweils anderen großartig finden, selbst aber nie anziehen würden, weil ich lieber mondän bin und Laura lieber lässig, weil wir genau auf einer Wellenlänge sind und doch niemals Konkurrentinnen. Ich wage zu behaupten, dass solch eine Freundschaft, gerade unter uns biestigen Frauen, doch eher selten vorkommt. Und deshalb haben wir unsere traute und gleichsam modische Zweisamkeit von einer weiteren guten Freundin, nämlich Sandra Semburg, fürs Freundschaftsalbum ablichten lassen. Hier haben wir das Beweismaterial: Modefreundinnen können mehr als Shoppingberatung.
