10 x São Paulo

DIE BESTEN EMPFEHLUNGEN FÜR DEN 21-MILLIONEN-BETONDSCHUNGEL

75020001São Paulo ist so riesig, dass es einem anfangs klein vorkommt. Weil man kaum jeden Winkel der Stadt erkunden kann, beschränkt man sich nämlich vor lauter Überwältigung erstmal auf die nahegelegenen Ecken und Sehenswürdigkeiten und spaziert am besten zu Fuß drauflos (was zumindest bei Tag und in den guten Gegenden total ungefährlich ist). São Paulo ist nicht so gepflegt und erst recht nicht so reizvoll wie die Nachbarmetropole Rio de Janeiro, es hat keinen Strand, dafür wahrscheinlich mehr Mücken als Einwohner. Aber zwischen den hügeligen, rissigen Straßen, Kabelsalaten und sandfarbenen Klotzhäusern entfaltet der Betondschungel seinen ganz eigenen Charme. In Hinterhofateliers wird kreiert, in imposanten Bauhaus-Gebäuden studiert, in französischen Brasserien gespeist und auf verglasten Dachterrassen gefeiert. São Paulos Reiz entsteht aus seinen vielen Spannungsverhältnissen: zwischen Glamour und Elend, Moloch und Hipsterviertel, Wochenmarkt und Autobahn. Mancherorts erinnert es mit seinen flachen Bungalowbauten, Palmenalleen und Kakteengärten an Los Angeles, dann überquert man in einem der konsequent unpünktlichen Klapperbusse ein verdrecktes Flussbett und fühlt sich plötzlich wie in einem indischen Slum. São Paulo hat ein bisschen von allem. Und so weit weg ist das Meer nun auch wieder nicht. Wer ein paar Tage extra einplant, sollte unbedingt auf der zauberhaften Ilha Bela vorbeischauen.

São Paulo von morgens bis abends

  1. Marcio heißt der Gastgeber dieses sehr empfehlenswerten Airbnb-Juwels im schönen Stadtteil Jardins. Er wohnt mit Frau und Kind im Vorderhaus, Gäste werden im Gartenhäuschen mit eigenem Schlafzimmer und Bad untergebracht.  Zur Begrüßung gibt es Kaffee, Frühstück und eine Liste mit Marcios Restaurantempfehlungen. Das Haus liegt in einer ruhigen Wohnstraße, man schläft hier wesentlich besser als in Berlin-Mitte. Dazu sind alle Räume im geschmackvollen Boheme-Bauhaus-Style eingerichtet. Einen Garten gibt es auch. Bildschirmfoto 2016-05-31 um 7.15.51 PM
  2. 5 Gehminuten von Marcios Haus entfernt liegt die Bäckerei Padoca do Mani, wo ein köstliches Frühstück serviert wird, für das man morgens nach 9 Uhr leider immer mindestens 20 Minuten anstehen muss. Aber das Warten lohnt sich. Die Bäckerei gehört zum benachbarten Sternerestaurant Mani. Sauerteigbrot, Brioche und Kuchen werden jeden Tag frisch gebacken, dazu gibt es gekühlten Guavensaft, Lachs, Avocado, Rührei und Granola. Traditionell brasilianisch frühstückt man hier wahrscheinlich nicht, allerdings ist die brasilianische Küche im Allgemeinen auch nicht unbedingt ein Aushängeschild des Landes (die Brasilianer sehen das anders). IMG_0746
  3. Die Wartezeit vor der Padoca do Mani kann man sich in der ein paar Hausnummern weiter gelegenen Boutique Areaoito vertreiben. Zu kaufen gibt es Mode, Accessoires, Schönheitsprodukte und Einrichtungsschnickschnack von brasilianischen Designern (Hinweis: Die Webseite macht einen weitaus schäbigeren Eindruck als der Laden.)
  4. Der Parque do Ibirapuera erinnert ein wenig an den New Yorker Central Park – mitten in der Stadt erholen sich die Einwohner hier von Lärm und Arbeit. Am künstlichen See wird gejoggt und geradelt, dahinter stechen die Wolkenkratzer in den Himmel. Beim Spaziergang kommt man auch an einigen imposanten Gebäuden des berühmtesten Architekten Brasiliens, Oscar Niemeyer, vorbei. 75020002
  5. Eines der schönsten Viertel ist Pinheiros, das mit seinen vielen kleinen Cafés, Boutiquen, Nagelstudios, einem wöchentlichen Flohmarkt und hervorragenden Restaurants ein junges und kreatives  Publikum anzieht. Zum Mittagessen kehrt man am besten im immervollen Z Deli ein, dessen köstliche Burger es mit jedem New Yorker Whopper aufnehmen können. Dazu gibt es Wassermelonensaft und Süßkartoffelpommes mit Rosmarin, nach denen man nie wieder etwas anderes als Süßkartoffelpommes mit Rosmarin essen möchte. 75050001
  6. In São Paulo bewegen sich alle Leute per Uber, was fast halb so teuer wie Taxifahren ist. Zur Universität im Osten der Stadt fährt man aber am besten mit dem Bus – so, wie es die Studenten auch tun. Das Gebäude der Architekturfakultät wurde 1969 von João Batista Vilanova Artigas erbaut und macht seiner Funktion alle Ehre. 75000031
  7. Lane Marinho entwirft wunderschöne Sandalen aus bunten Kordeln und Muscheln, die auf Bestellung von Hand gefertigt werden. Um sie in ihrem Atelier zu besuchen, muss man sich vorher anmelden. 06-Verde_Site_700
  8. Wie groß São Paulo denn nun wirklich ist, wird man wahrscheinlich nie herausfinden (es sei denn, man bleibt ein paar Jahre). Auf der Dachterrasse des Hotel Unique bekommt man aber zumindest einen Eindruck von der unendlichen Weite der Stadt. In der Abenddämmerung wirkt die einschüchternde Betonwand geradezu romantisch. Das Publikum ist etwas neureich und die Drinks mittelmäßig, aber für den Blick lohnt sich der Besuch definitiv. IMG_3667
  9. Die brasilianische Küche ist meiner Erfahrung nach zu vermeiden, es sei denn, man hat bei 30 Grad wirklich Hunger auf einen Eintopf aus mehreren Sorten Fleisch mit Bohnen und Reis. Im Restaurant Mani wird dagegen eine sehr feine Version der Landesküche mit französischem Einschlag und frischen Zutaten von lokalen Lieferanten und Bauern serviert. Köstlich: fruchtige Ceviche mit Cashewnüssen, langsam geschmortes Lamm mit gerösteter Farofa, Schokoladenfondant mit Bananeneis (eins der besten Desserts meines Lebens). Das Restaurant hat einen Stern und ist deshalb relativ teuer, aber weitaus günstiger als europäische Gourmetlokale. Man sollte rechtzeitig reservieren oder pünktlich um 20 Uhr kommen, wenn das Restaurant öffnet. P1050350-1024x768
  10. Wer rustikaler speisen möchte, geht ins sehr charmante Martin Fierro im Stadtteil Vila Madalena (wo übrigens jeden Samstag ein traditioneller Wochenmarkt stattfindet) und gönnt sich ein argentinisches Steak. Auch die Salate, zum Beispiel mit Ziegenkäse, Pesto und Palmherzen, sind zum Reinlegen. Dazu gibt’s ein kaltes Original und zum Nachtisch einen Schnaps. IMG_3718