Erst das Vergnügen, dann die Arbeit: Musikrubrik #24

Von links nach rechts und oben nach unten: Garçon d’Argent, Sean Nicholas Savage, Tingvall Trio, Moderat.

Gerade habe ich die erste Uni-Hausarbeit meines Lebens beendet, und was soll ich sagen, liebe Leute: ich möchte nie wieder noch eine schreiben. Dabei war das Thema hochinteressant! Gute Literatur zu finden! Die Auftraggeberin meine Lieblingsdozentin! Das Fach erstklassig! Aber wenn man mich zwingt, zu schreiben, so stellt sich auf der Stelle alles quer und ich mag nicht mehr. Träumend hänge ich über der Laptop-Tastatur und starre über Bücherhügel und ein einzigartiges Schreibtisch-Chaos hinweg in die Welt hinaus. Würde doch wenigstens zwischendurch mal wieder das Internet ausfallen! Dann könnte ich nicht ständig nachschauen, was derzeit so bei der New York Fashion Week passiert. Ich könnte auch nicht meinen Kontostand überprüfen, im Vorlesungsverzeichnis schon mal ganz streberhaft nachschauen, was ich denn im nächsten Semester studieren will, zum Zweck meiner politischen Weiterbildung diverse Online-Zeitungen lesen oder rein inspirativ siebenundachtzig verschiedene Streetstyle-Blogs durchstöbern.

Doch selbst wenn das WLAN-Netz tatsächlich einmal zusammenbricht, kommt im Büro Clairette unter Garantie keine Langeweile auf. Es gibt ja doch immer so viel anderes zu tun, wenn man gerade eine Hausarbeit zu schreiben hat. Zum Beispiel kann man aus lauter Verzweiflung mal ausprobieren, wie man denn mit geschwärzten Augenbrauen à la Cara Delevingne aussieht (so viel dazu, liebe/r anonyme/r Kommentator/in des letzten Eintrags), sich außerdem eine neue Frisur zulegen – ich habe endlich die goldene Haarmitte für mich entdeckt – weiterhin mal ein wohltuendes Fußbad nehmen (habe noch nie eins gemacht, aber jetzt ist gerade ein guter Zeitpunkt!) und sich dabei in aaaaallllleeeer Seeeeelenruhe die Fingernägel lackieren. Mit Unterlack und Überlack. Selten bin ich mit solch vornehm manikürten Händen rumgelaufen wie während der Arbeit an dieser unsäglichen Uni-Hausaufgabe.

Jetzt also bin ich fertig, fast jedenfalls, morgen darf ich mich noch mal mit den Fußnoten beschäftigen. Bis dahin gibt es hier erstmal was auf die Ohren, in einer meiner vielen mehrstündigen Arbeitspausen habe ich nämlich natürlich nicht gefaulenzt und für meine geschätzte Leserschaft ein paar erlesene Spitzen aus der Musikwelt zusammengetragen, garniert mit meinen spontanen Wort-Klang-Assoziationen. „Chin Chin“ singt Sean Nicholas Savage, und das würde ich jetzt auch gerne sagen, aber wenn ich mit besagten Fußnoten durch bin, werde ich mich gleich der Kunstgeschichte zuwenden und die zweite Hausarbeit dieser Semesterferien fabrizieren. Damit hätte ich auch schon im Juli anfangen können, als ich bloß auf dem Balkon herumlag und lauter schlaue Blogartikel schrieb. Aber der Spruch „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ funktioniert bei mir leider nur andersherum.

Klingt wie Fahrradfahren auf Hawaii: „Chin Chin“ von Sean Nicholas Savage
Klingt wie eine Pool-Party im Salon zur Wilden Renate: „Burning Bright“ von Maya Jane Coles feat. Kim Ann Foxman
Klingt wie ein Wiesenspaziergang vor Sonnenaufgang: „Högtid“ vom Tingvall Trio
Klingt wie eine Heißluftballonfahrt mit Außerirdischen: „Versions“ von Moderat
Klingt wie ein einsames Schlauchboot in der mediterranee: „Mourir pour la Pop“ von Garçon d’Argent.