Camouflage mit Curry und Blaubeere

Dass meine Leidenschaft für militärgrüne Camouflage-Muster nicht lange dauern würde, hätte ich natürlich voraussehen können und sollen, als ich mir Anfang des Jahres meine ganz eigene Heckenschützenuniformjacke zulegte, damals noch voller Euphorie und mit der festen Überzeugung, in dieses Stoffdessin gehüllt wahnsinnig originell und irgendwie grungig-schick rüberzukommen.
Nun sind Camouflage-Muster aber, entgegen ihrer einstigen Ur-Bestimmung, den Träger in ein unauffälliges Chamäleon zu verwandeln, leider aus keiner Fußgängerzone mehr wegzudenken –  allerspätestens, seitdem die spanische Modekette Zara auf die Idee kam, besagte, in natura schon recht prollig erscheinende Jacken mit allerlei Glitzersteinen zu dekorieren. Pfui aber auch, jedoch nützt das Schimpfen darüber, dass eine, wie ich finde, spannende Modeerscheinung mal wieder von der massenorientierten Trendindustrie nieder getrampelt wurde, niemandem. Ich suche lieber nach interessanten Alternativen.

Die hätte sich neulich schon fast geboten, als ich mit Lieblingsfreundin Mirabelle an einer Vintageboutique im Hamburger Karolinenviertel vorbei spazierte und dort draußen vor der Tür ein besonders marodes Camouflagejackenmodell aushing, allerdings nebst der olivgrünen Marmorierung auch noch mit roten Tupfen versehen. „Das sieht aus, als wären dem Soldaten Blut und Gedärme auf seine Uniform gespritzt“, bemerkte Mirabelle trocken und damit war das Thema der Camouflageprint-Alternativensuche fürs Erste erledigt.

Aber dann. Beim Stoffeinkauf für einige neue Nähprojekte fiel mir durch Zufall ein seidenes Material mit weichem Camouflagemuster in irisierenden Blau- und Orangetönen in die Hände, und da war sie also, die modische Neuerscheinung unter den Militärprints, die strahlende Alternative zum scheußlichen Schlammgrün. Selbstredend konnte ich nicht widerstehen, und deshalb laufe ich nun doch wieder en camouflage durch die Gegend, allerdings alles andere als unauffällig in diesen herbstlich-eleganten Farbtönen, die an Curry und Blaubeere erinnern, und mit Kriegsmärschen, Blut und Gedärmen oder Fußgängerzonen zum Glück absolut nichts gemein haben.

PS: Zum knielangen, in der Taille sitzenden Bleistiftrock, den ich nach diesem Schnittmuster selbst genäht habe, trage ich einen Wollpullover von Norse Projects (erhältlich im YBDPT Store), Schmuck von H&M und Schuhe von Zara.