Herrenmode: von handgenähten Einstecktüchern und hundefreundlichen Handschuhen

Seb Law, Online Editor bei NOTION, mit schicker Clutch gesichtet bei der Stockholm Fashion Week

Neulich traf ich einen guten Freund, von dem ich aus eigener Erfahrung sagen kann, dass er alles andere als homosexuell orientiert ist, auf einer Vernissage, und wie jeder andere anwesende Mann auch hatte sich mein Kompagnon in Schale geworfen, zum Sakko trug er sogar ein Einstecktuch. Selbstgenäht, wie er mir versicherte. Ich war, natürlich, entzückt. Denn wann begegnet man schon einem Herren, der sowohl gut und originell angezogen, als auch nicht-schwul ist?

Leider ist der deutsche Hetero-Durchschnittsmann noch immer nur in Ausnahmefällen im einfallsreichen Look anzutreffen, generell wird doch lieber zu schlecht sitzenden Hosen und blassen Wollpullovern gegriffen. Gerade Farben scheinen Männern Kopfschmerzen zu bereiten, bunte Kleidung wird offenbar wieder allzu schnell mit eher weiblichen Zügen assoziiert. Ich kann verstehen, dass ein heterosexueller Mann unter allen Umständen auch als heterosexuell erkannt werden möchte. Ich kann auch verstehen, dass ein knallroter Anzug mit gelber Fliege in dieser Hinsicht nicht gerade förderlich ist – und zwar deshalb, weil in unser aller Köpfe, wahrscheinlich unbewusst, der Gedanke feststeckt, homosexuelle Männer würden in ihrer Ähnlichkeit zur Damenwelt gerne auffallen, während sich der Hetero-Mann lieber in gedeckten Farben auf Partnersuche begibt.

Von mir aus kann das, andererseits betrachtet, auch gerne so bleiben. Schließlich sollen die Männer uns Frauen ja nicht die Show stehlen. Was nicht heißt, dass sie sich nicht ordentlich und mit wohl dosiertem Witz und Pepp kleiden können! Accessoires sind hier die entscheidenden Zutaten, allerdings in der Männerdomäne noch immer schwer unterschätzt. Fliegen trägt eigentlich kein Mensch, Krawatten ausschließlich zu noblen Anlässen, Schals meist bloß in hässlicher Knitter-Optik, die schnell den Eindruck erwecken, der Träger sei soeben einer spießbürgerlichen Autowerbung entstiegen, und Manschettenknöpfe ebenfalls so gut wie gar nicht, und wenn, dann bloß die schnöden Klassiker-Modelle, die mann zur Konfirmation geschenkt bekam. Dabei ist die Welt der Männer-Accessoires weitaus vielfältiger, als diese Aufzählung vermuten lässt!

Weil mein guter Freund mit dem selbstgenähten Einstecktuch mittlerweile nach Neuseeland ausgewandert ist und ich demnach kaum noch von Jungs umgeben bin, die in irgendeiner Weise Ahnung von guten Outfits haben, kommt hier nun zur Inspiration eine erlesene Auswahl meiner liebsten Fundstücke aus dem Reich der Herrenmode-Accessoires. Bei der Selektion unterstützt hat mich auch der Gedanke an meinen lieben Schreibkollegen Seb Law vom Londoner NOTION Magazine, mit dem ich bei der Stockholm Fashion Week im August zusammentraf. Seb Law, ein heiterer Bursche frei von jeglichen affektierten Allüren, hat dafür umso mehr ein Händchen für feinste Accessoires, sowohl Schuhe als auch schlichte Männerhandtaschen, mit denen er mir ganz und gar nicht schwul, sondern einfach verdammt lässig und cool vorkommt. Und mit genau dieser Einstellung sollte der deutsche Hetero-Durchschnittsmann ebenfalls an die Suche nach originellen Accessoires herangehen. Bunt gemusterte Krawatten oder Fliegen kann man doch auch im Alltag zum Hemd mit locker gekrempelten Ärmeln tragen. Manschettenknöpfe gibt es nicht nur in konservativem Stil, sondern ebenso in humorvollem Design (herrlich: die winzigen Hamburger-Modelle von Schickie Mickie!). Auch toll: Fäustlinge mit Hundemotiv, entdeckt bei Colette, ein knallgelbes Skateboard, auf dem man dann im Anzug zur Arbeit rollen kann, oder, für alle Milchbuben, die gerne Hipster wären, die urkomische Strickmütze mit passendem Wollbart von BeardoMeine Aufmerksamkeit wird der Träger solch exquisiter Accessoires jedenfalls ganz bestimmt auf sich ziehen.

PS: Die besten Beispiel für perfekt eingesetzte Männer-Accessoires findet man, wie ich finde, auf dem Blog streetfsn. Die unten stehenden Streetstylebilder stammen allesamt von dieser Seite.

Handschuhe von Thom Browne, über Colette 
Socken von Henrik Vibskov 
Anderson tartan tie, über J.Crew

Cap von Estate of Mind 
Manschettenknöpfe von Schickie Mickie
Mütze von Penfield
Fliege und Hosenträger von Jarabowtie, über Poti Poti

Armbanduhr von Mishka
Krawatte von The Artsy Attic
Handschuhe von Norse Projects
Männerclutch von Pierre Hardy, über Colette 
Fake-Tattoo von Tattly
Abzeichen von Best Made Company

Skateboards von Penny Australia
Wollmütze und Wollbart von Beardo
Seb Law’s Schuhe