Von Jungdesignern und Partywahnsinn: PRAG



Et voilà, hier ist er: der erste, exklusive, selbst erprobte, ultimative CITYGUIDE, brandneu und hochaktuell, für die goldene Stadt an der schönen blauen, äh, Moldau: PRAG!

Vor einer Woche habe ich es bereits an dieser Stelle in hochbegeisterter Form betont: Osteuropa hat was. Durch die großen Metropolen des ehemaligen Ostblocks weht ein frischer, jugendlicher und vor allem ehrlich unkonventioneller Wind, der mit den manchmal hochnäsigen Attitüden von Paris oder Mailand nichts gemein hat. Auch Prag ist eine Stadt, in der sich besonders das kreative, junge Volk wohl zu fühlen scheint. Hinter (ungefähr) jeder graffiti-besprühten Hauswand versteckt sich eine Party-Location von ganz besonderem Exzess und Wahnsinn, rein zufällig befindet sich in Prag auch noch der  größte Tanzclub Europas, allnächtlich wird man im Hostel dazu überredet, an der Pub-Crawl-Tour teilzunehmen („Your wildest night in Prague is already organized“, heißt es da. Uns konnte das allerdings nicht überzeugen. Beziehungsweise: wir hatten keine 400 Kronen übrig).

Zudem schießen überall Galerien und Museen für moderne Kunst aus dem Boden, und sieht man einmal von den leider in übermäßiger Zahl vorhandenen Touri-Neppläden ab, die in gewissen Teilen der Stadt die Straßen mit aus ihren grell beleuchteten Geschäften heraus schallender Popmusik und klebrig-süßer Parfumluft verschandeln und uns unbedingt Plastikschals, Plastik-T-Shirts oder I-Love-Prag-Handtaschen (aus Plastik) verkaufen möchten, so lässt sich in Prag durchaus auch shoppingtechnisch gesehen Spannendes und Hochwertiges entdecken.

Seitdem ich denken kann ist das Reisen eine meiner liebsten Lieblingsbeschäftigungen gewesen – was gibt es denn Abenteuerlicheres und schlichtweg Herrlicheres als durch eine neue Stadt zu flanieren, auf der Suche nach den wahren Schönheiten, den echten Geheimtipps, den Orten, an denen das authentische Leben der Stadt abseits der Tourismus-Knotenpunkte pulsiert! Erich Kästner hat einmal gesagt: „Toren bereisen in fremden Ländern die Museen, Weise gehen in die Tavernen.“ Genauso möchte ich es stets halten, wenn ich ein neues Reiseziel erkunde: jene Ecken finden und kennenlernen, an denen sich die Einwohner der Stadt aufhalten, nicht die Touristen. Natürlich gehe auch ich in Paris in Musée d’Orsay. Natürlich sind wir in Prag auch über die Karlsbrücke gelaufen. Aber am meisten Spaß gemacht hat es, auf eigene Faust die verwinkelten Gassen abseits der großen Straßen der Stadt zu durchforsten wie ein Insektenforscher am Amazonas. Das ist der wichtigste Geheimtipp, den ich jedem Reisenden verraten würde: einfach selbst loszulaufen und die neue Stadt für sich selbst zu entdecken.
Trotzdem sollen die Ergebnisse meiner persönlichen Prag-Expedition hier natürlich ebenfalls geteilt werden: Clairette wünscht eine gute Reise!

BOTAS CONCEPT STORE: Der modern gestaltete Laden hat ein farbenfrohes Sortiment zu bieten: feinsten Schnickschnack, den man nicht braucht aber unbedingt will, Retro-Turnschuhe, originell bedruckte T-Shirts, Happy Socks, Kosmetika von Anatomicals (mit lustigen Aufschriften wie „day dream believer daily face cream“), und knallbunte Armbanduhren, die man sich nach dem Baukastenprinzip selbst zusammen basteln kann. Und was flüsterte uns der smarte Ladenbesitzer doch gleich zu? BOTAS kommt nach Berlin? Fein! Ich bin die erste Stammkundin.
Konvitská 30, 110 Prague 1

LEEDA FASHION STORE: Die Kollektionen der aufstrebenden tschechischen Jungdesigner gibt es in limitierter Zahl bei LEEDA zu kaufen – zum Beispiel grafisch bedruckte Kleider, neon-farbene XL-Clutches aus transparentem Kunststoff und rosa Gummistiefel mit Quastenanhängern.
Bartolomejská 1, Prague 1

DNB DENISA NOVÁ: Das tschechische Pendant zu Modebloggers Lieblingsladen Acne heißt DNB Denisa Nová und bietet exquisite, minimalistische Mode aus feinsten Materialien, zum Beispiel cleane weiße Jumpsuits, Sommerwollpullover mit überdimensionalem Farbfleck oder Blousons aus butterweichem Ziegenleder.
Náprstkova ul. 4, 110 00 Prague 1

IKONIK: Hinter der knalltürkisfarbenen Eingangstür der IKONIK-Boutique versteckt sich ein wahres Paradies für Sneaker-Fans: sämtliche Nike-Modelle in den ungewöhnlichsten Farben, Neon-T-Shirts und ein ungewöhnliches Store-Design laden zum ausgiebigen Shopping ein. Mit dabei: die neuesten Nike X Liberty-AirMax!
Ostrovní 25, Prague

TRETBOOT FAHREN: Die Dampferfahrt ist was für Rentner und unsportliche Spießer, wir nehmen lieber das Tretboot zu budgetfreundlichen Studentenpreisen und strampeln eine Stunde lang um die Schützeninsel auf der Moldau. Herrlich: das eiskalte Fußbad beim zwischenzeitlichen Pausieren. Einige Leute sind natürlich hemmungslos und springen bei warmen Temperaturen gleich komplett ins Wasser.

AMOYA MUSEUM: Das Artbanka Museum Of Young Art ist nichts für Liebhaber romantischer Schinken von Caspar David Friedrich: in diesem Ausstellungshaus wird die Schmerzgrenze der Besucher teils ernsthaft auf die Probe gestellt. Im Innenhof hängen vier mehrere Meter lange Revolver, die, sobald sich ihr Abzug automatisch bewegt, seltsame (menschliche) Geräusche ausstoßen. Ich habe großen Respekt vor den Museumwärtern, die es an diesem Ort wirklicher Avantgarde den ganzen Tag aushalten. Einige Werke wie etwa der Hirschkopf mit dem überdimensionalen Geweih oder aber das lebensgroße Schaukelpferd sind jedoch in der Tat sehenswert.
Karlova 189/2, 110 00 Prague

MUSEUM KAMPA: Im Innenhof des mehrstöckigen Kunstmuseums direkt am Ufer der Moldau wird man bereits von einigen lustigen Werken begrüßt: etwa zwei überdimensionalen, gesichtslosen Baby-Körpern aus Kupfermetall, oder der knallroten Skulptur eines Reiters mit besonders langen  Armen. Im klimatisierten Gebäude geht es dann mit feinster Kunst von Frantisek Kupka, Otto Gutfreund und jungen tschechischen Artisten weiter. Auf jeden Fall einen Besuch wert!
U Sovových mlýnů 2, 118 00 Prague 1

PROPAGANDA PUB: In der Bar Propaganda kann man zum Vorglühen und Warmtanzen mit vielen internationalen jungen Gästen eine Menge Spaß haben, solange man sich von dem schaurigen Wodka-Ananas-Drink fern hält. Das tschechische Bier ist in der Tat empfehlenswert und wird hier auch gerne für spontane Bierpong-Einlagen eingesetzt, bei denen Franzosen gegen Amerikaner undDeutsche gegen Briten wetteifern, um anschließend in trauter Freundschaft gemeinsam weiterzuziehen.