Ist es nicht in den letzten Jahren außerordentlich aufgefallen, dass sich Models in hochwertigen Modestrecken stets in exquisit unbequemen Positionen darstellen? Am liebsten lässt das schöne Modelwerk-Mädel die Schultern schief hängen, auch die Füße stehen gern in sagenhaft unelegantem Winkel zueinander, und das alles in den herrlichsten Kleidern von Marc Jacobsund Jil Sander! Höchster Beliebtheit erfreut sich jedoch mit Abstand die “Magenschmerzen“-Pose, bei der das leicht vornübergebeugte Fotomodell stramm die Hände in die Taille drückt. Was es wohl bei diesen Fräuleins zum Mittagessen gegeben hat, muss sich der Betrachter doch im Stillen mitleidig fragen, warum nur sollte sich das arme Mädchen sonst so arg in den Bauch kneifen? Alternativ wird den vermutlichen Magenschmerzen bisweilen auch durch im gebeugten Stehen überkreuzte Arme Linderung geboten.
Fräuleins mit Magenschmerzen
Die Sommerferien haben begonnen, und sogleich leide ich unter akuter Langeweile. So was darf es bei mir einfach nicht geben, ich bin ein aktiver Mensch und muss im Grunde permanent beschäftigt sein. So wurde die unendlich freie Zeit erst einmal wieder für etwas Alltagskunst genutzt, dazu kommt man ja selbst als Kunstleistungskurs-Mensch eher selten (und im Unterricht herrschen gar zu strenge Vorschriften!). Nun ja, herausgekommen ist ein Mini-Kunstprojekt unter dem Titel “Fräuleins mit Magenschmerzen“, als dezenter Hinweis auf die erstaunlichen Entwicklungen in der Modefotografie.
Fest steht: früher ging es den Models gesundheitlich wesentlich besser. Schaut man einmal in eine Ausgabe des Modemagazins Constanze aus den 60er Jahren, so strahlen einem bildhübsche Damen in selbstbewusster Körperhaltung entgegen: der Kopf gen Himmel gereckt, beide Füße fest auf dem Boden, eine Hand an der Hüfte und stets ein koketter Blick in den Augen: so wurde damals Mode präsentiert!
Warum nur also diese Entwicklung hin zu ganz und gar verbogenen Posituren? Liegt es daran, dass Stylisten und Fotografen eine Vorliebe für starke Kontraste haben, weshalb neuerdings auch mit Vorliebe feinster Blumenschmuck in alten Fabrikhallen fotografiert wird, und das Model in Haute Couture also besonders gequält auszusehen hat?
Oder ist ganz einfach schlicht und ergreifend der scheußliche Kunstfraß Schuld, der heutzutage in modernen Küchen serviert wird?