Hui, da bin ich! Nach gut zweiwöchiger, hochprofessioneller Faulheit im Vereinigten Königreich bin ich nun wunderbar erholt und bestens gewappnet für das anstehende letzte Schuljahr meines Lebens, und durfte zudem feststellen: England ist paradiesischer als so manch einer denken mag.
Wäre ich bereits eine gefragte Modeschöpferin, so würde ich auf der Stelle eine komplette Kollektion der einzigartigen Schönheit Cornwalls widmen – welche Inspiration sich aus dem glasklaren, tintenblauen Meer und der wilden Küstenlandschaft, gesprenkelt mit knalligen Farbtupfern von Flechten und Pflanzen, schöpfen ließe!
Nach der erfrischenden Brise am Meer, die ich mir bei der Lektüre spannendster Literatur (u.A. Der Chinese von Henning Mankell und Lolita von Vladimir Nabokov), um die gebräunte Nase wehen ließ (ja, in Südengland scheint die Sonne!), ging es ins kleine, aber feine Bath in Somerset, um auf den Spuren der hier einst ansässigen Römer zu wandeln und köstlichstenafternoon tea mit allem Drum und Dran zu vernaschen. Spätestens hier wurde klar: die Engländer sind nicht nur wirklich very British, sondern auch very stylish.
Ich habe die Engländer in diesem Urlaub wirklich sehr zu schätzen gelernt. An dieser Stelle sei all jenen, die immer nur von London schwärmen, gesagt: Auch außerhalb der Hauptstadt kann es durchaus sehr gediegen und zugleich erstaunlich cool zugehen. Natürlich ist jetzt nicht die Rede von dem englischen Proleten, der sich am Strand aalend den sonnenverbrannten Bierbauch kratzt. Der englische Prolet, um dieses Thema hier nur kurz anzuschneiden, scheint sich sowohl äußerlich als auch mental wenig vom deutschen oder französischen Proleten zu unterscheiden. Also nicht der Rede wert.
Wer in diesem Text gelobt werden soll, ist der stilvolle Engländer. Er beherrscht die Kombination von traditioneller, stolzer Eleganz und ungemein sympathischer Gelassenheit und Coolness erfrischend souverän. Wie kleidet sich der Geschäftsmann in Frankreich, Italien und Deutschland? Er trägt strikt einen dunklen Anzug und eine unauffällige (oder unansehnliche) Kravatte. Er speist in minimalistischen Businessrestaurants, in denen sich jeder normale Bürger wie in einem Konferenzsaal vorkommt.
Was tut der englische Geschäftsmann? Er trägt rosa-grau gestreifte Socken unter der gut geschnittenen Anzughose, außerdem Boxershorts, die zum Hemd passen (eigens in einem feinen Herrenbekleidungsgeschäft entdeckt), ersetzt den schnöden Schlips liebend gern auch einmal durch eine üppige Fliege und trifft sich zum Lunch auf einen Cider im Lieblingspub an der Ecke. Und er ist, egal ob Sachbearbeiter oder Unternehmenschef, immer zuvorkommend höflich. Wem dies wie eine Klischéestory erscheint, die sich höchstens im feinen London wirklich ereignen könnte, der sollte schnellstens in eine quirlige Stadt wie Brighton oder Bath weiter südlich reisen. Oder einen rustikalen cream tea in einem Strandcafé irgendwo in Cornwall bestellen. Überall lässt sich diese angenehm unkomplizierte, selbstverständliche Höflichkeit und die einzigartige Sympathie der Engländer (natürlich ist hier ebenso von den Engländerinnen die Rede) erleben, ob auf dem Land oder in der Stadt, ob im Pub oder feinen Bistro. Gibt es etwas Stilvolleres als eine solch natürliche Höflichkeit, die derart cool und ungezwungen daher kommt?
Dies nur als kleine Ode an den stilvollen Engländer (vielleicht heirate ich ja eines Tages einen!). Wer ebenso begeistert ist wie ich, dem sei an dieser Stelle noch das geniale Projekt des berühmten, urbritischen Modehauses Burberry, Burberry Acoustic, empfohlen, das bereits seit einem Jahr besteht: eine Kooperation des Labels mit englischen Musikern. In kurzen Filmen musizieren die Bands oder Soloartisten, natürlich in Burberry’s feinsten Zwirn gekleidet, an einem von ihnen gewählten Ort irgendwo in England, sei es auf dem Friedhof ihres Heimatdorfes oder im Hinterhof eines alten Hauses. Christopher Bailey, verantwortlich für diese schöne Idee (und im Übrigen nun schon seit 10 Jahren bei Burberry), sagte dazu auf stylelist.com:
We felt that with the great interaction that we have experienced with our social media Web site, artofthetrench, that we could collaborate with musicians and artists to put together an incredible group of ongoing acoustic sessions from some of the finest talent coming out of the U.K. and bring them to the broad global Burberry audience.
Da haben wir es. So eine stilvolle und zugleich lässige Idee konnte ja nur einem Engländer einfallen.
Hier hätten wir zum Beispiel die netten Herren von Pegasus Bridge:
Oder die bezaubernde Misty Miller:
Oder Johnny und Lynn Flynn, die im Nieselregen in ihrem Londoner Hinterhof performen: