Liebe Freunde, wir haben es fast geschafft! Ab jetzt darf sich der Winter warm anziehen, denn seine Tage sind gezählt. In drei Monaten ist schon April, und dann werde ich damit anfangen, die Liegestühle zu entstauben, meine Wollsocken einzumotten und mich vornehmlich von Zitronensorbet zu ernähren. Bereits seit dem 22. Dezember bin ich bester Laune, seitdem werden die Tage nämlich wieder länger, wenn auch täglich nur um wenige Minuten. Wem der Winter nichts ausmacht, der wird von dieser sich nur unmerklich ausbreitenden Helligkeit wenig mitbekommen. Winterfeinde wie ich aber greifen nach jedem möglichen Strohhalm. Irgendwie muss man sich schließlich motivieren, in dieser düsteren Jahreszeit morgens aufzustehen. Seit dem 22. Dezember kann ich mir endlich wieder jeden Tag sagen: heute wird es 60 Sekunden früher hell als gestern. Hurra! Stellt den Campari kalt!
Fairerweise muss man allerdings zugeben, dass sich der Winter in den letzten drei Monaten als ziemlich zahm erwiesen hat. So kalt war es gar nicht, manchmal hat’s geregnet, aber da freut sich wenigstens die Natur, wie meine Großmutter zu sagen pflegt. Vielleicht lag es auch an Clairette’s exklusivem Wie überlebe ich den Winter Guide – Teil 1, dass mir die gruselige Jahreszeit in diesem Jahr bisher gar nicht so terrormäßig vorgekommen ist. Heute scheint sogar die Sonne, und es sind milde 10 Grad, da kann man fast in Flip Flops rumlaufen.
Andererseits soll man ja den Tag nicht vor dem Abend loben (oder andersrum? Den Abend nicht vor dem Tag loben? Egal). Die Schlacht ist noch nicht gewonnen, vor uns liegen noch die unberechenbaren Monate Januar, Februar und März. Selbst wenn es heute so aussieht, als wäre schon Frühling, wissen wir genau: Der Winter ist ein übler Geselle. Man sollte ihm nicht über den Weg trauen. Stattdessen studiere man Clairette’s exklusiven, hoch und heilig versprochenen Wie überlebe ich den Winter Guide – Teil 2, kaufe sich eine UV-Lampe und mache das Beste aus den kommenden 90 Tagen.
Januar
Februar
Der Februar ist deshalb der härteste aller Wintermonate, weil er der vorletzte ist. Man hat keine Lust mehr auf Kälte, man ahnt, dass es damit bald vorbei sein könnte, aber nein, da kommt ja noch der März, Mist, zu früh gefreut. Von daher ist die Februar-Depression noch schlimmer als der November-Blues. Menschen mit Geld reisen zu dieser Zeit nach Australien, alle anderen müssen sich anders behelfen: zum Beispiel mit diesem farbenfrohen Oberteil von Odeeh und dem schweinchenrosa Hut von Acne. Ist ja sowieso bald Karneval! Die Plüschjacke von Kenzo ist flauschig wie ein Teddy und deshalb ein guter Motivationsgrund, sich morgens trotz größtem Widerwillen doch aus dem Bett zu quälen. Dazu eine feine Marlene-Hose von Philosophy di Alberta Ferretti, Barbie-Pumps von Topshop und schon sieht die Welt da draußen gleich wenig freudlos aus.
Apropos Karneval: die Gelegenheit, in all der winterlichen Tristesse modisch einmal so richtig über die Stränge schlagen zu dürfen, sollte man sich unter keinen Umständen entgehen lassen und deshalb eine Kostümparty schmeißen. Die Auswahl an möglichen Motti ist vielfältig, zum Beispiel: Tiere der Tiefsee. Arche Noah. Monster AG. Berühmte Despoten. Oder, mein Lieblingsthema: illustre Paare (egal ob noch liiert oder nicht). Da kann man sich mit seinem +1 toll als Britney und Justin, oder Popeye und Olivia, oder Bianca und Mick, oder Caesar und Cleopatra verkleiden.
Was es auf ebendieser Party zu trinken gibt, erfährt man indes im sehr lesenswerten Food-Magazin The Carton aus Beirut (zu kaufen bei Do you read me!?). Das englischsprachige Blatt erscheint vier Mal jährlich mit herrlich bebilderten Reportagen über Kulinarik und Esskultur des Orients. Die aktuelle Ausgabe widmet sich arabischen Trinkgewohnheiten, Mixrezepten und dem libanesischen Nationalgetränk Arak.
Wer am Tag danach mit Kopfschmerzen aufwacht, darf nicht im Bett bleiben. Auch im Winter gilt: Carpe Diem! Deshalb geht es gleich weiter in die Galerie Camera Work in Wilmersdorf. Bis zum 22. Februar stellt hier noch der Schweizer Fotograf Philipp Keel seine betörend schönen, sehr sommerlichen Werke aus. Wenn man schon nicht nach Australien fliegen kann…!
März
Jedes Jahr im März packen meine Eltern die Geschichte von dem EINEN Mal aus, wo sie noch vor dem offiziellen Frühlingsanfang schon draußen auf der Terrasse Kaffee trinken konnten. Ungeachtet der Tatsache, dass es im März auch noch weihnachtliche Schneegestöber geben kann, bei denen man sich zum Kaffeetrinken besser nicht auf der Terrasse aufhält, wollen wir für den unwahrscheinlichen Fall eines vorzeitigen Sommereinbruchs natürlich gewappnet sein und legen uns deshalb dieses flotte Sonnenoutfit zu: der Rock ist von House of Holland, das Hemd von Kenzo (noch im Sale! Schnellschnell!), der Blazer von Dondup, die Schuhe sind von Fratelli Rosetti und die Sonnenbrille, die möglicherweise auch gegen blendend weißen Schnee schützt, ist von Lunettes. Je nach Wetterlage lassen sich hier natürlich noch Strandtasche oder Skistöcke ergänzen.
März ist Frühjahrsputzzeit, und bevor man jetzt die Schubladen entrümpelt, kann man auch gleich mal am eigenen Körper mit dem Reinemachen beginnen. Dafür gehen wir in ein türkisches Hamam und lassen uns dort den Wintermuff vom Rücken schrubben. Für den Fall, dass tatsächlich die Sonne scheinen sollte, kann man außerdem endlich wieder an den heißgeliebten Badesee fahren, den wir im letzten September so wehmütig verlassen haben, und so lange drum herum rennen, bis einem warm genug für ein erstes kleines Erfrischungsbad ist. Falls es schneien sollte, nicht verzagen! Sondern lieber zur Ablenkung noch ein gutes Buch lesen, zum Beispiel No one belongs here more than you mit Kurzgeschichten von Miranda July. Hier bleibt kein Thema unberührt: einmal geht es um die obsessive Leidenschaft für Prinz William, ein anderes Mal um Schwimmunterricht auf dem Küchenfußboden oder lesbische Zuneigung im Nähkursus. Das sind federleichte Anekdoten mit klugen Gedanken, in denen man sich erstaunlich oft selbst wieder erkennt.
Federleicht sind auch die Ballerinen der Abschlussklasse von John Neumeier, die zwischen Ende Februar und Anfang März in der Werkstatt der Kreativität im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater das Tanzbein schwingen. Nicht verpassen! Die Karten sind, für Ballett-Verhältnisse jedenfalls, so günstig, dass danach sogar noch ausreichend Geld für die neue Frühlingsgarderobe übrig bleibt – siehe oben.