Die lustigsten Modefilme der Saison

WÄREN MAL EIN UNTERHALTSAMES FERNSEHPROGRAMM


Freitagabend läuft nur Blödsinn im Fernsehen. Das war schon immer so. Heute im Angebot: „Tod an der Ostsee“, „Der Staatsanwalt“, „Haruka und der Zauberspiegel“. Ich gehe Freitags selten aus. Freitag ist die Atempause zwischen Donnerstag und Samstag. Die arbeitende Bevölkerung frequentiert am Freitag lieber das Sofa als die Tanzfläche.  Heute ist auch so ein Tag. In meinem latent verstrahlten Zustand würde ich mich über ein anständiges Fernsehprogramm freuen, auch deshalb, weil ich nie Fernsehen gucke, was wiederum daran liegt, dass ich Fernsehen für Zeitverschwendung halte, weil ja nie etwas gescheites kommt, ein elender Teufelskreis, denn eigentlich würde ich wirklich gern mal wieder richtig gepflegt fernsehen, das ist irgendwie so schön old school. Allein anhand dieses diffusen Monologs dürfte deutlich geworden sein, wie dringend ich heute auf die Fernsehcouch gehöre.

Was läuft denn auf Arte? Ach ja, der Ostsee-Krimi. Könnten sie auf diesem stilvollen Kultursender nicht mal etwas Modisches ausstrahlen? Mir würden da gleich sieben verschiedene Streifen einfallen, nämlich die sieben lustigsten Modefilme der Saison. Ich habe ja eine Schwäche für dieses Genre, im letzten Semester habe ich sogar eine Kunstgeschichts-Hausarbeit über den künstlerischen Wert von Diors „Secret Garden“ (hat keinen) und Monica Menez‘ Werk „Odditory“ (hat sehr wohl einen) geschrieben. Die Essenz dieser Hausarbeit, die da lautete, dass ein künstlerisch hochwertiger Modefilm die gesellschaftlich relevante message über den kommerziellen Hintergrund stellt,  habe ich damals gemeinsam mit Euch, meinen geschätzten Leserinnen und Lesern, erarbeitet.

Dafür gibt es nachträglich den C’EST CLAIRETTE Orden für kollektiven Kulturjournalismus für alle Beteiligten und als Cocktailkirsche obendrauf jetzt und hier jene erwähnten Neuerscheinungen der Modefilmindustrie live und in Farbe zu betrachten.  Eines sticht dabei deutlich hervor und müsste streng genommen in meiner Hausarbeit noch ergänzt werden (oder vielleicht promoviere ich ja noch über das Thema?): die besten Produktionen leben immer noch von einem gehörigen Schuss Witz und Ironie.

Mode wird viel interessanter, wenn man sie aus einer humorvollen und dabei doch auch analytischen Perspektive heraus betrachtet. Plötzlich fühlt sich der Zuschauer selbst ertappt, wenn beispielsweise der Passant, der im VOGUE-Video neben Hollywood-Schauspielerin Jessica Chastain auf einer Parkbank sitzt und von seiner sensationsgeilen Freundin per SMS dazu angestiftet wird, heimlich das Outfit der illustren Parkbanksitznachbarin zu fotografieren. Denn sind wir nicht alle hin und wieder mal ein bisschen voyeuristisch? Und sind nicht alle Hollywood-Schauspielerinnen auch nur Menschen? Jessica Chastain klärt die peinliche Situation jedenfalls mit einem sehr amüsanten Streich.

„Edie and her family“ – Lanvin Fall 2014

Ein lustiger Modefilm löst noble Luxusklamotten zudem aus ihrer goldenen Vitrine des unerreichbaren Glamours und zeigt sie in einem völlig neuen Kontext. Feine Kleidung ist damit nicht mehr bloß etwas für schöne, schlanke, junge, reiche Menschen. Während man in einer gedruckten Werbekampagne in der Regel nur Supermodels zu sehen bekommt, können im Bewegtbild Persönlichkeiten aller Art auftreten. Das Modehaus Lanvin präsentiert auf diesem Gebiet allsaisonal den originellsten Streifen: in diesem Jahr wird die Herbstmode von Edie Campbell und ihrer Familie vorgeführt. Sogar ein Pferd tritt auf. Was wir daraus lernen: im Jahr 2014 kann selbst ein Gaul zum Mannequin werden. Wenn das nicht für die Demokratisierung der Modewelt spricht.

Und was macht eigentlich die junge Frau im Kurzfilm „The Purgatory of Monotony“ für das New Yorker Modehaus Rhié? Mutterseelenallein turnt sie durch die riesige Villa und versucht mit allen Mitteln das Fegefeuer der Langeweile zu bekämpfen. Was man in so einem großen Haus aber auch alles anstellen kann! Im Zickzack staubsaugen, Messer werfen im Park, Smarties vom Laufband naschen, angeln im Swimming Pool. Ein Film über die Kunst der Alltagskreativität – ungemein inspirierend! Zuletzt wirft die Dame des Hauses dann auch noch den Fernseher vom Balkon. Ein allegorisches Zeichen? Vielleicht ist sie auch der Meinung, dass im Fernsehen einfach immer nur Blödsinn kommt – und man stattdessen doch mal einen dieser ungemein unterhaltsamen Modefilme dort ausstrahlen sollte.

1. „The Sun City Poms“ von Danielle Levitt. 
Ein Dokumentationsfilm über die „Sun City Poms“, eine Gruppe knackiger Cheerleaderinnen im besten Alter. Wenn ich mal 55 bin, will ich auch solch ein Glitzerkostüm.

2. „Dress Rehearsal“ – Rachel Antonoff Fall 2014
Das Leben ist eine einzige Generalprobe, suggeriert dieser Film der Modeschöpferin Rachel Antonoff, die ihre Winterkollektion gerne an skurrilen Charakteren präsentiert. Was die alle verbindet, ist das gelegentliche Scheitern an der Surrealität des Alltags.
Besonders entzückend: der Pudel im Zuschauerraum.

3. „The Purgatory of monotony“ – Rhié Fall 2014
Warum ich so gern in einer Wohngemeinschaft lebe? Weil ich alleine wahrscheinlich auch irgendwann damit anfangen würde, mich mit meinem Spiegelbild zu streiten oder mit mir selbst verstecken zu spielen. Wobei die Dame in diesem  Modefilm tatsächlich nicht so wirkt, als wäre sie besonders unglücklich.
4. „Edie and her family“ – Lanvin Fall 2014
Bei dieser heiteren britischen Familie würde ich ja zu gerne mal zu Abend essen. Natürlich nicht ohne meinen Fransenhut. Und Alber Elbaz höchstpersönlich dürfte auch auch nicht fehlen.

5. „Jumper“ von Justin Anderson
Ein nackter Mann am Wohnzimmerfenster! Die Spannungskurve dieses preisgekrönten Kurzfilms ist beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass eigentlich nicht viel passiert.

6. Tanya Taylor Fall 2014
Very cool! In kaleidoskopischer Collage präsentieren hier tanzende Models die sehr gelungene Kollektion der New Yorker Jungdesignerin Tanya Taylor.

7. VOGUE Originals mit Jessica Chastain
Wie gesagt: ein Film, bei dem man sich ertappt fühlt. Vor allem auch beim Sound dieses nervtötenden Smartphones!