Auf dem Sofa eingepennt

WIE KOMMT MAN JETZT INS BETT?

Wie jedes Säugetier wechselt auch der Mensch zu Beginn der kalten Jahreszeit Lebensraum und Lebensgewohnheiten. Der Kauf der ersten Strumpfhose markiert den Fellwechsel. Ab Oktober wird der Garten unbewohnbar, der Mensch räumt sein Hängemattenrevier und zieht Richtung Süden, nämlich ins Wohnzimmer. Dort steht das Sofa, seine Höhle.

Schlaue Menschen verlassen diese Höhle nur in Ausnahmefällen zur Futtersuche. Sie wissen, dass der Herbst erträglicher wird, wenn man ihn auf dem Sofa verbringt, wobei es natürlich auch hier wie in jedem anderen Gehege, das der Mensch mit Artgenossen teilt, gelegentlich zu Konflikten kommen kann. Bei der abendlichen Diskussion darüber, ob man denn nun „Bourne Identity“ oder „Breakfast at Tiffany’s“ schaut, sollen sich schon viele Männchen und Weibchen die Hörner eingeschlagen haben.

Zum Wohle der Artensicherung einigt man sich irgendwann auf einen Film. Die behagliche Sofahöhle ist einfach kein Ort zum Streiten. Nach einer halben Stunde nickt der/die Überstimmte mit dem Kopf auf der benachbarten Schulter in einen wohligen Halbschlaf, draußen stürmt der Herbstwind, auf dem Bildschirm verschwimmen Bilder und Geräusche zu einem dumpfen Rauschen, ist das gemütlich, dieses Dahindämmern, die Glieder werden schwer, die Augen fallen zu…

Dann ist der Film zu Ende. Es ist Mitternacht. Man ist mittlerweile in eine bequem verdrehte Liegeposition gesunken. Auf gar keinen Fall will man jetzt aufstehen und sich die Zähne putzen. „Warum kann ich mich nicht von hier ins Bett beamen?“ jammert der Höhlenmensch und klammert sich trotzig ans Sofakissen. Wie oft hat man in dieser Situation schon gedacht: Heute lass‘ ich das Zähneputzen, Gesichtwaschen und Pyjamaanziehen einfach sein und schlafe auf dem Sofa. Dann hat man 20 Minuten lang in gleichbleibender Liegeposition mit sich gerungen, Soll ich, soll ich nicht?

So groß die Verlockung ist, richtig wohl fühlt man sich bei der Vorstellung, mit ungeputzten Zähnen und in U-Bahn-verseuchten Jeans einzupennen, nicht. Das Liegenbleiben ist also keine Lösung. Sich ins Bett zu beamen geht leider auch nicht. Stattdessen empfiehlt sich ein Einschlafkit, das vor Beginn des Films/Dämmerzustands in Sofanähe platziert wird: Bettdecke, Pyjama, Zahnbürste, Zahnpasta, Wasserglas, Gesichtsreinigung, Handcreme, Augenmaske.

Möbeldesigner mit Pioniergeist könnten sich doch mal über einen Sofa-Entwurf mit entsprechendem Stauraum für allerlei einschlafwichtige Utensilien Gedanken machen. Denkbar wäre auch ein in das Sofa integrierbares Waschbecken, das sich aus horizontaler Position bedienen lässt. Dürfte ein Verkaufsschlager werden.